Kollegiale Erstbetreuer stehen Mitarbeitenden nach Gewalterfahrungen oder traumatischen Erlebnissen im Dienst zur Seite. Ab Juli bieten die Westküstenkliniken die Fortbildung zum/zur Erstbetreuer:in erstmals an. Robert Kuspa erzählt, was die Aufgabe von kollegialen Erstbetreuer:innen ist. Er selbst leistet bereits seit mehr als zehn Jahren auf der Psychiatrie der Kliniken in Heide/Holstein Erste Hilfe für die Seele.
»Drei bis vier Mal werde ich im Jahr gerufen, um Kolleginnen oder Kollegen nach einer Gewalterfahrung oder einem traumatischen Erlebnis zur Seite zu stehen«, erzählt Robert Kuspa, »Dabei geht es nicht zwingend um körperliche Gewalt. Gerade verbale Äußerungen und Drohungen können belastend sein. In der Psychiatrie bekommen wir häufiger Drohungen zu hören, die auch das private Umfeld betreffen. Das kann ein Trauma auslösen, auch wenn diese Drohungen in manchen Fällen nur hohl sind.«
Sebastian Kimstädt
Leiter der Unternehmenskommunikation
Westküstenkliniken Brunsbüttel und Heide
Gerade verbale Äußerungen und Drohungen können belastend sein
Das Westküstenklinikum in Heide
Wenn er gerufen wird, ist es die Aufgabe von Robert Kuspa, der betroffenen Kollegin oder dem betroffenen Kollegen erst einmal durch die reine Anwesenheit beizustehen und damit Sicherheit und Stabilität zu vermitteln. Bei noch akuten Ereignissen sorgt er zudem dafür, die Betroffenen in eine andere Umgebung zu bringen, Bedürfnisse zu erkennen und zu erfragen. Außerdem bietet der erfahrene Psychiatriepfleger professionelle Hilfe durch Fachärzte, Psychologen oder andere Stellen an.
»Ich rate zudem immer dazu, einen D-Arzt einzuschalten. Denn der ist nicht nur für die Versorgung und Dokumentation körperlicher Verletzung zuständig, sondern auch für psychische Verletzungen«, erklärt Robert Kuspa.
Ziel der kollegialen Erstbetreuung ist die Vermeidung Posttraumatischer Belastungsstörungen und aller damit verbundenen Folgen für die Betroffenen, aber auch die Kliniken.
In der Regel geht Robert Kuspa nach zwei bis drei Wochen noch einmal auf die betroffenen Kollegen zu und erkundigt sich, wie es ihnen geht. »Das hat nichts mit Kontrolle zu tun. Es geht darum, aufmerksam zu sein. Denn gerade nach traumatischen Erlebnissen können sich die Folgen erst später zeigen.«
Ohnehin appelliert Robert Kuspa, generell achtsam zu sein und gerade nach Gewalterfahrungen die Betroffenen auf Station ein wenig im Auge zu behalten. Denn auch die vermeintlich Stärksten können nach wiederholt traumatischen Erlebnissen zusammenbrechen und brauchen dann schnelle und professionelle Hilfe.
Gewalt erfahren im Übrigen nicht nur Mitarbeitende der Psychiatrie. Auch in anderen Bereichen können und werden Patient:innen oder Angehörige übergriffig und können mit Worten oder Taten verletzen. Robert Kuspa begrüßt es daher, dass die Klinik jetzt für Mitarbeitende aus allen Bereichen die dreitägige Fortbildung zur Erstbetreuung im Bildungszentrum der Westküstenkliniken anbietet und rät Interessierten aus allen Bereichen, sich anzumelden. In der Psychiatrie sind bereits vier Erstbetreuer:innen im Einsatz.
nach Gewalterfahrungen
-------
erste Hilfe: Schutz und seelischer Beistand in der belastenden Situationen
-------
weiterführende Hilfe: Vermitteln von professioneller Hilfe durch Fachärzte, Psychologen oder andere Stellen
-------
Ziel: Vermeidung von posttraumatischen
Belastungsstörungen
-------