Medizin | Pflege

Wo chronische Wunden besser heilen

Ob Verletzungen im Alltag, ein Druckgeschwür oder ein offenes Bein als Folge einer Diabeteserkrankung: Für immer mehr Menschen gehören chronische Wunden, die über mehrere Wochen bis Monate hinweg nicht abheilen, zum Alltag. Um diese Patienten umfassend versorgen zu können, bietet das Klinikum Gütersloh in seiner Wundambulanz ein besonderes Angebot für die moderne Therapie von Wunderkrankungen an – sowohl für stationäre als auch für ambulante Patienten. Die ambulante Betreuung fußt dabei auf einem einzigartigen Konzept: Im Einvernehmen mit dem hiesigen Ärztenetz wurden integrierte Versorgungsverträge mit den Krankenkassen geschlossen, die die Qualität der medizinischen Versorgung von Patienten mit chronischen Wunden durch eine problemorientierte, sektoren- und fachübergreifende Zusammenarbeit verbessern und Kosten senken sollen.

Eine Wunde, die nach acht Wochen nicht abgeheilt ist, wird als chronisch bezeichnet. Unabhängig von dieser zeitlich orientierten Definition gibt es Wunden, die von Beginn an als chronisch anzusehen sind, da ihre Behandlung eine Therapie der Ursache erfordert. Hierzu gehören beispielsweise das diabetische Fußsyndrom, Wunden bei peripherer arterieller Verschluss­krankheit, Ulcus cruris venosum oder Dekubitus.

Gefragt ist dann spezielles Know-how und eine Behandlung, die genau auf den Patienten abgestimmt ist. »Kommt ein Patient mit einer chronischen Wunde zu uns, führen wir zunächst eine umfassende Diagnostik durch«, sagt Ludger Wördehoff, pflegerischer Leiter der Wundambulanz im Klinikum Gütersloh. Häufig sei die Ursache der chronischen Wunde vorab noch nicht festgestellt worden und werde im Klinikum gemeinsam mit der Klinik für Gefäßchirurgie ergründet.

Marie-Kristin Schönknecht

Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Klinikum Gütersloh

Wir beziehen die Patienten immer intensiv in die Versorgung mit ein

»Für jeden Betroffenen erarbeiten wir ein individuelles Therapiekonzept, in dem aktuelle Erkenntnisse der modernen Wundbehandlung berücksichtigt werden«, so Wördehoff. »Wir beziehen die Patienten dabei immer intensiv in die Versorgung mit ein. Es ist wichtig, alle notwendigen Maßnahmen zu erklären und die Patienten und ihre Angehörigen im korrekten Umgang mit der chronischen Wunde zu schulen, damit sie auch abseits der Therapie durch das Fachpersonal eigenständig richtig handeln.« Dazu gehören auch Tipps, wie einer erneuten Wundbildung entgegengewirkt werden kann.

Dank innovativer Versorgungsverträge können auch ambulante Patienten mit chronischen Wunden im Klinikum Gütersloh sowie durch Case Manager im häuslichen Umfeld behandelt werden

Dank innovativer Versorgungsverträge können auch ambulante Patienten mit chronischen Wunden im Klinikum Gütersloh sowie durch Case Manager im häuslichen Umfeld behandelt werden

Diese Behandlung kommt sowohl den stationären Patienten des Klinikums als auch ambulanten Patienten zugute. Aufgrund eines innovativen Konzepts sind die ambulanten Zahlen in den letzten Jahren stark gestiegen: »Seit 2013 bestehen Versorgungsverträge mit mehreren Krankenkassen der Region, nämlich mit der Bertelsmann BKK, der BKK Miele und seit 2018 ein spezieller Vertrag mit der AOK NordWest, die die Behandlung ihrer Versicherten mit chronischen Wunden im Klinikum Gütersloh zu festgelegten Preisen regeln«, erläutert Jens Alberti, Pflegedirektor im Klinikum. »Die Patienten können von Haus- und Fachärzten zur Wundversorgung zu uns ins Klinikum überwiesen werden, wo sie nach definierten Standards behandelt werden.«

Nach der Erstversorgung in der Wundambulanz wird der Patient dann mit einer Behandlungsempfehlung durch einen »Case Manager« in die ambulante Versorgung weitergeleitet. Diese spezialisierte Fachkraft organisiert das Zusammenspiel von ambulanten Pflegediensten und niedergelassenen Ärzten, veranlasst notwendige Besorgungen von Hilfsmitteln und schult die Patienten und deren Angehörige, auch zu Hause, im richtigen Umgang mit ihrer Erkrankung.

»Dieses Case Management ist in dieser Form einzigartig in Deutschland, wie uns im Rahmen der Zertifizierung der Wundambulanz mehrfach bestätigt wurde«, so Alberti. Ende 2014 wurde das Team um Ludger Wördehoff für seine gute Arbeit erstmals mit dem Wundsiegel der Initiative Chronische Wunden (ICW e.V.) ausgezeichnet und erhielt auch bei den folgenden Rezertifizierungen regelmäßig Bestnoten.

Integrierte Wundversorgung

Das Konzept

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Überweisung durch Haus- und Fachärzte zur Wundversorgung ins Klinikum
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Behandlung nach definierten Standards in der Wundambulanz.
Ausgezeichnet mit dem Wundsiegel der Initiative Chronische Wunden – ICW e.V.
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Weiterleitung in die ambulante Versorgung in Zusammenarbeit mit einem »Case Manager«
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Organisation des Zusammenspiels von ambulanten Pflegediensten und niedergelassenen Ärzten durch spezialisierte Fachkraft

Das Team um Wundexperte Ludger Wördehoff bietet in der Wundambulanz des Klinikums Gütersloh ein besonderes Angebot für die moderne Therapie von Wunderkrankungen an

Das Team um Wundexperte Ludger Wördehoff bietet in der Wundambulanz des Klinikums Gütersloh ein besonderes Angebot für die moderne Therapie von Wunderkrankungen an

Es besteht oft ein großes Schamgefühl, aus der häuslichen Umgebung herauszugehen

Die Vorteile der integrierten Versorgungsverträge sind vielfältig: Kommt es sonst häufig zu Abbrüchen der Behandlung aufgrund des Sektorenübertritts und durch eine zögerliche Interdisziplinarität bzw. mangelnde Vernetzung, können durch die enge Kooperation zwischen Klinikum und Casemanagement nun bisherige Kommunikations- und Kooperationslücken geschlossen und eine engmaschige Betreuung sichergestellt werden.

»Darüber hinaus werden die Patienten von geschultem Fachpersonal versorgt: Alle beteiligten Mitarbeiter sind nach ICW zertifiziert und nehmen regelmäßig an Schulungen teil. Eine solche spezielle Qualifikation bei Ärzten und Pflegern ist nicht flächendeckend üblich. Wir können eine fachlich richtige und nach modernen Standards durchgeführte Versorgung der chronischen Wunden gewährleisten«, so Alberti.

Darüber hinaus werde den Patienten eine für ihren Lebensalltag optimale Versorgung angeboten, sagt Ludger Wördehoff: »Wundschmerz, Wundgeruch und eine eingeschränkte Mobilität führen zu starken körperlichen, aber auch psychischen Belastungen: Es besteht oft ein großes Schamgefühl, aus der häuslichen Umgebung herauszugehen. Auch deshalb ist unser Konzept der Case Manager, die die Patienten zu Hause individuell begleiten, so erfolgreich.«

Zu guter Letzt hat die integrierte Versorgung auch messbare finanzielle Vorteile: Die Behandlungszeit kann durch eine effiziente, stadiengerechte Wundbehandlung reduziert werden, es kommt zu einer deutlichen Verringerung der Rezidivquoten, die Patienten müssen seltener ins Krankenhaus eingewiesen werden und Verbandsmittel können kosteneffizienter eingesetzt werden.

Vorteile der integrierten Versorgungsverträge

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Engmaschige Betreuung mit idealer Kommunikation und Kooperation der verschiedenen Behandlungspartner
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Geschultes Fachpersonal
(ICW-zertifiziert)
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Optimale Versorgung für den Lebensalltag der Patienten
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Reduzierte Behandlungszeit und Verringerung der Rezidivquoten
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Kostenreduktion

Die integrierte Wundversorgung – ein Erfolgsprojekt

»Die integrierte Wundversorgung ist für das Klinikum, die niedergelassenen Ärzte und Krankenkassen, aber auch für die Patienten ein Erfolgsprojekt. Insgesamt konnten wir in den vergangenen Jahren bereits über 250 Patienten betreuen, die durchschnittlich drei Monate bei uns in Behandlung sind. Dies würden wir in Zukunft gerne noch ausweiten und auch weiteren Patienten von anderen Krankenkassen den Zugang ermöglichen«, so Jens Alberti.

06 | 2018
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