Medizin | Pflege

Telemedizin als Bereicherung in der Akutpsychosomatik

Die Abteilung für Akutpsychosomatik des Evangelischen Krankenhauses Bad Dürkheim (Diakonissen Speyer) ergänzt ihr Behandlungsprogramm durch digitale Testungen und E-Health-Elemente.  

Ein Beispiel: Die 40-jährige Frau M. wird mit ausgeprägten Magen-Darm-Beschwerden aufgenommen. Die bereits vorher erfolgte umfassende somatomedizinische Abklärung zeigte keinen ausreichend erklärenden Befund. Frau M. ist sehr belastet, erlebt sich ihren Symptomen gegenüber als hilflos und hat Schwierigkeiten, sich auf ein psychosomatisches Behandlungskonzept einzulassen.

Bereits im Aufnahmegespräch klärt die Bezugstherapeutin die Patientin über den Einsatz von Telemedizin  und die damit verbundenen Datenschutzbelange auf und lässt sich ihr Einverständnis schriftlich bestätigen. Dann legt die Therapeutin eine telemedizinische Akte an. Jetzt kann sie Frau M. passende Tests, Psychoedukation (Informationen über ihre Erkrankungen) und Übungen online zuweisen. Frau M. kann diese an den stationseigenen Tablets oder ihrem eigenen Smartphone oder Tablet bearbeiten.

Die Akutpsychosomatik an der Dürkheimer Klinik arbeitet hierzu mit der Firma Embloom zusammen, diese ist Entwickler und Anbieter einer Onlineplattform mit digitalen Diagnostik- und Behandlungstools. Lisa Fischer M.Sc., Leitende Psychologin, und Oberarzt Dr. Felix Würtz, haben den Einsatz von Telemedizin auf der Station implementiert.

Lisa Fischer, M.Sc.

Leitende Psychologin

Evangelisches Krankenhaus Bad Dürkheim

Dr. Felix Würtz

Oberarzt Akutpsychosomatik

Evangelisches Krankenhaus Bad Dürkheim

Komfortabler Einsatz von Telemedizin unterstützt den gesamten Prozess

Der Prozess

»Alle Patienten durchlaufen bei uns eine Testdiagnostik. Durch das elektronische Ausfüllen der Fragebögen können wir die Ergebnisse direkt danach am Computer einsehen«, berichtet Dr. Würtz. »Besonders bei ambivalenten Patienten, mit vorwiegend somatischem Krankheitsverständnis kann es sehr hilfreich sein, die Testergebnisse schnell nach Aufnahme gemeinsam zu besprechen«, berichtet der erfahrene Mediziner.

Frau M. steht unter starkem Druck »endlich zu verstehen, was mit ihr los ist«. Ihr werden Videos und Texte zu somatoformen Beschwerden digital zur Verfügung gestellt. »Natürlich beinhaltet auch unser reguläres Therapieprogramm viel Psychoedukation, gerade für ambivalente Patienten kann es jedoch sehr  hilfreich sein, Informationen auf verschiedene Arten zu erhalten«, schildert Lisa Fischer.

Telemedizin bereichert Psychotherapie

Wie funktioniert die Behandlung genau? Die Bezugstherapeutin erarbeitet mit Frau M. einen Zusammenhang zwischen körperlichen Beschwerden und ihren Gedanken. Zusätzlich erhält die Patientin digitale Übungen zur Veränderung nicht hilfreicher Gedanken (zum Beispiel »Druck im Magen bedeutet, ich bin körperlich krank« wird verändert zu »Druck im Magen zeigt mir, dass ich gestresst bin«). Sobald Frau M. die Übungen umgesetzt und digital dokumentiert hat, kann die Bezugstherapeutin die Ergebnisse sofort am Computer einsehen.

Am Entlasstag bearbeitet Frau M. die abschließenden Testungen. Die graphisch sichtbar gemachten und auf Signifikanz überprüften Testunterschiede zwischen Aufnahme und Entlassung können dann direkt besprochen werden. »Hierdurch wird den Patienten oft auf sehr anschauliche Weise deutlich, welche Fortschritte sie gemacht haben«, erläutert Dr. Würtz.

Die Abteilung für Akutpsychosomatik des Evangelischen Krankenhauses in Bad Dürkheim verfügt über 36 Betten. »Wir können unser intensives  Behandlungsprogramm durch die Möglichkeiten der Telemedizin spürbar erweitern und unsere vergleichsweise kurze Behandlungsdauer von durchschnittlich 20 Tagen für unsere Patienten noch effizienter nutzen«, berichtet Chefarzt  Dr. Peter Deibler. »Aktuell sind wir dabei, digitale Möglichkeiten der Therapienachsorge zu prüfen, um Telemedizin noch besser für unsere Patienten einsetzen zu können.«

05 | 2020
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